Aufenthaltsort von Dr. Abu Safiyah noch immer unbekannt

Am 27. Dezember 2024 wurde das Kamal-Adwan-Krankenhaus in Nordgaza von israelischen Soldaten gestürmt und zwangsevakuiert. (Siehe dazu den Blogbeitrag von 4. Januar 2025.) Ein Teil der Patienten und des Personals wurde in das sog. Indonesische Krankenhaus in Nordgaza verlegt. Dr. Abu Safiyah (der Direktor des Kamal-Adwan-Krankenhauses) und ca. 200 seiner Mitarbeiter/innen wurden am Abend dieser Militäraktion verhaftet. Seither (also seit mehr als 10 Tagen) gibt es keine offizielle Mitteilung über deren Verbleib. Ein zwischenzeitlich aus der Haft entlassener Mann berichtete jedoch, Dr. Abu Safiyah sei in dem als Folterzentrum berüchtigten Gefangenenlager Sde Teiman gesehen worden. Er sei offenbar misshandelt worden, und sein Gesundheitszustand sei schlecht. Ob sich Dr. Abu Safiyah noch immer in Sde Teiman befindet oder an einem anderen Ort festgehalten wird, ist unbekannt. Die IDF (Israeli Defence Forces) weigern sich bislang, Angaben zu seinem Aufenthaltsort zu machen. Auch über das Schicksal der verhafteten Mitarbeiter/innen ist nichts bekannt.

Die israelische NGO Physicians for Human Rights Israel (PHRI) verlangte von den IDF Aufklärung über den Aufenthaltsort Dr. Abu Safiyahs. Die IDF erklärten daraufhin zunächst, man wisse gar nichts von der Verhaftung der genannten Person. Die PHRI wandte sich an das oberste Gericht Israels, um die IDF zur Herausgabe der gewünschten Information zu zwingen. Dem sind die IDF bisher nicht nachgekommen. Allerdings leugnen sie nun nicht mehr, dass Dr. Abu Safiyah festgenommen wurde. Die PHRI hat für Dr. Abu Safiyah einen Anwalt besorgt. Die IDF erklärten, Dr. Abu Safiyah dürfe „bis 10. Januar“ keinen Besuch von einem Anwalt bekommen.

Nach UN-Angaben starben in Gaza bislang mehr als 1.000 Menschen, die im Gesundheitsbereich tätig waren. Von Oktober 2023 bis August 2024 wurden mindestens 310 palästinensische Ärzte/Ärztinnen und Pfleger/innen inhaftiert. Viele davon wurden schwer misshandelt. Die Beschreibungen der Misshandlungen sind schwer zu ertragen.

Von Oktober 2023 bis Juni 2024 starben mindestens 48 Palästinenser/innen in israelischen Haftanstalten. Diese Zahl stammt von den IDF selbst. Es handelt sich hierbei um jene Todesfälle, in denen das Militär selbst Untersuchungen eingeleitet haben will. Unter diesen 48 Toten befinden sich auch zwei prominente Ärzte aus Gaza: Dr. Adnan al-Bursh (Chirurg am al-Shifa Krankenhaus) starb nach mehr als vier Monaten Gefangenschaft. Dr. Eyad al-Rantisi (Leiter der Frauenabteilung am Kamal-Adwan-Krankenhaus) starb nach sechs Tagen in israelischer Haft. Daher ist davon auszugehen, dass sich Dr. Abu Safiayh in akuter Lebensgefahr befindet.

Quellen

https://edition.cnn.com/2025/01/03/middleeast/israel-gaza-hussam-abu-safiya-high-court-petition-intl/index.html

https://www.bbc.com/news/articles/cj30deeggd7o

https://www.hrw.org/news/2024/08/26/israel-palestinian-healthcare-workers-tortured

***

Das Indonesische Krankenhaus

Im Zuge der erzwungenen „Evakuierung“ des Kamal-Adwan-Krankenhauses am 27. Dezember sicherten die IDF zu, die besonders schweren Fälle könnten im Indonesischen Krankenhaus weiter betreut werden. Das Indonesische Krankenhaus befindet sich ebenfalls in Nordgaza. Wie alle ursprünglich 36 Krankenhäuser in Gaza war auch dieses seit Oktober 2023 wiederholten israelischen Angriffen ausgesetzt und war dabei massiv zerstört worden. Die WHO bezeichnete den Zustand des Indonesischen Krankenhauses zum Zeitpunkt der „Evakuierung“ des Kamal-Adwan-Krankenhauses als „destroyed and non-functional“.

Am 30. Dezember gelang es der WHO offenbar, die Menschen im Indonesischen Krankenhaus mit „grundlegenden Hilfsmitteln“ zu versorgen.

Laut einem Bericht der CNN ordneten die IDF am 3. Januar die Räumung des Indonesischen Krankenhauses an, obwohl einige der Patienten nicht gehen können.

Am 4. Januar veröffentlicht das ZDF in einem Fernsehbericht Videoaufnahmen aus dem Indonesischen Krankenhaus. Man sieht, dass auf dem Flur gekocht wird, über einer improvisierten offenen Feuerstelle. Eine junge Ärztin erklärt, das Krankenhaus sei umstellt von israelischen Soldaten und es fehle an Verbandsmaterial, Essen, Medikamenten und Wasser. Während sie spricht, hört man einen lauten Knall. Das sei ein Einschlag gewesen, erklärt sie. Es ist unklar, ob dieses Video vor oder nach dem 3. Januar entstanden ist. Klar ist, dass das Indonesische Krankenhaus unter schweren Beschuss geraten ist, obwohl die IDF erst wenige Tage zuvor zugesichert hatten, die Menschen würden dort sicher sein.

Neuere Informationen über die Lage im Indonesischen Krankenhaus sowie das Schicksal der Patient/inn/en und des Personals konnte ich nicht finden. Es ist nicht unklar, ob sich noch Menschen in dem Gebäude befinden, und wie es ihnen geht.

Quellen

https://edition.cnn.com/2025/01/03/middleeast/israel-gaza-hussam-abu-safiya-high-court-petition-intl/index.html

https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-nahost-montag-222.html

https://www.tagesschau.de/multimedia/video/schnell_informiert/video-1417008.html

https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-nahost-samstag-222.html (01.02, 09.29)

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-gazastreifen-hamas-102.html

https://www.zdf.de/nachrichten/politik/ausland/liveblog-eskalation-nahost-israel-100.html (10.18, 21.41)

https://www.tagesschau.de/ausland/asien/israel-angriff-krankenhaus-gaza-100.html https://www.dw.com/de/angriff-auf-gaza-klinik-direktor-laut-israel-terror-kader/a-71178465

***

Kurzfilmpoesie aus Gaza

Der palästinensische Widerstand gegen die Besatzungsmacht und ihre verbrecherische Kriegsführung in Gaza hat viele Gesichter. Junge Leute aus Gaza produzieren Videos, die zeigen, wie die Menschen in den Flüchtlingslagern versuchen, ein Leben in Würde zu führen, Hoffnung zu geben und sich ihren Lebenswillen nicht brechen zu lassen. Hier eine kleine Auswahl: